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BeA: Mit Know-how technische Störungen meistern

BeA: Mit Know-how technische Störungen meistern

Seit 2018 gilt die passive und seit dem 1. Januar 2022 die aktive Nutzungspflicht des besonderen Anwaltspostfachs. Die Nutzung hat zwar bisweilen ihre Tücken und bringt nicht wenige Anwälte und Anwältinnen zur Verzweiflung. Dennoch: Die Gerichte setzen bei Anwälten so viel technisches Know-how voraus, dass sie ihr beA sicher bedienen können. Aber was ist zu tun, wenn die Frist abläuft und die Versendung via beA nicht funktionieren will? Eine schnelle Lösung: Das gute alte Faxgerät aktivieren und den Schriftsatz ans Gericht faxen. Die Frist ist eingehalten, alles erledigt. Mitnichten! Um die Frist durch Ersatzeinreichung (durch Schriftform bzw. Telefax) zu retten, sind einige Punkte zu beachten. § 130 d S. 2 ZPO gibt darüber Aufschluss.

Um überhaupt auf die Ersatzeinreichung zurückzugreifen, muss eine „technische Störung“ vorliegen. „Technische Probleme“, wie sie in § 130 d Absatz 2 der ZPO beschrieben sind, beziehen sich ausschließlich auf Schwierigkeiten mit den technischen Einrichtungen, die für die Übermittlung notwendig sind. Sie beziehen sich nicht auf Probleme, die aufgrund der persönlichen Umstände des Absenders entstehen. Außerdem müssen Anwältinnen und Anwälte die Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung schlüssig und nachvollziehbar darlegen. Dazu gehört, dass sie alle relevanten Umstände des Einzelfalls schildern und die Gründe für die Unmöglichkeit detailliert erklären.

Voraussetzungen einer technischen Störung und Glaubhaftmachung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in drei aktuellen Entscheidungen die Anforderungen an eine technische Störung bei beA-Nutzung an eine „technische Störung“ im Sinne von § 130 d ZPO und § 55 d Satz 3 VwGO und deren Glaubhaftmachung präzisiert. Den Entscheidungen liegt der Grundsatz zugrunde, dass nur systembedingte Probleme auf Seiten des elektronischen Rechtsverkehrs eine technische Störung darstellen. Fehlbedienungen durch den Anwalt oder die Anwältin hingegen fallen nicht in diese Kategorie.

Wer beispielsweise seine Zugangsdaten zum beA Login vergisst, kann sich nicht auf eine technische Störung berufen (BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – XII ZB 88/23): Im konkreten Fall konnte sich eine Anwältin aufgrund dreimaliger Falscheingabe ihrer PIN nicht mehr in ihr beA-Postfach einloggen. Ein Update des „Secure Frameworks“ (Signaturanwendung zur Erstellung elektronischer Signaturen) war ebenfalls nötig. Die Juristin wandte sich darauf an die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer. Diese riet ihr, ihre Karte mit der PUK zu entsperren, was die Anwältin nicht durchführte. Sie beantragte eine neue beA Karte Nach sechs Wochen war der Fehler behoben. Die Juristin beantragte beim OLG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da sie sich durch die Fehlfunktion des beA-Postfachs in ihren Rechten verletzt sah. Das OLG und anschließend BGH sahen indessen keine Fehlfunktion. Der BGH unterstrich, dass die von der Anwältin geltend gemachte Unmöglichkeit doch wohl eher „in der Person der Antragstellerin beruhenden Gründen“ ihren Ursprung hatten.

In einem anderen Falle konnte ein Anwalt seine Schriftsätze nicht elektronisch übermitteln, da seine beA-Karte nach einem Update vom System nicht mehr erkannt wurde. Er reichte die Schriftsätze per Fax ein und versicherte eidesstattlich, dass eine elektronische Übermittlung nicht möglich war. Sowohl der Anwaltsgerichtshof als auch der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH) wiesen die Einwände des Anwalts zurück. Die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung habe der Rechtsanwalt nicht erfüllt, da er nicht dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass eine elektronische Übermittlung tatsächlich unmöglich war. Der Anwaltssenat ging vielmehr davon aus, dass der Zugang des Anwalts zum beA bereits seit mehreren Wochen nicht mehr funktionierte und er dies auch wusste (BGH, Beschluss vom 15.12.2023 – AnwZ [Brfg] 33/23).

In einer weiteren Entscheidung bekräftigte der BGH, dass die Voraussetzungen der Ersatzeinreichung „rechtzeitig“ glaubhaft“ gemacht werden müssen. Konkret drehte es sich um die Problematik, dass wenn dem Anwalt die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung eines Schriftsatzes bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung bekannt ist, dieser die Voraussetzungen der Ersatzeinreichung gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung darlegen und glaubhaft machen muss. Eine nachträgliche Darlegung und Glaubhaftmachung der Voraussetzungen der Ersatzeinreichung genügen hier nicht (BGH Beschluss vom 10. Januar 2024 – AnwZ (Brfg) 15/23.

Die BGH-Entscheidungen unterstreichen die hohe Sorgfaltspflicht von Anwält:innen bei der Nutzung des beA. Anwälte und Anwältinnen müssen sicherstellen, dass die technische Infrastruktur für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten und Behörden funktioniert. Bei beA-Störungen ist zügiges und dokumentiertes Handeln erforderlich, um negative Konsequenzen wie Fristversäumnisse und die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu vermeiden.

Worauf achten?

Fehlbedienung des beA durch den Anwalt oder die Anwältin: Eine fehlerhafte Bedienung des beA, z.B. die falsche Eingabe der PIN oder die Nichtbeachtung von Sicherheitshinweisen, stellt keine technische Störung dar.

Aktualisierungsstand der beA-Software: Anwältinnen und Anwälte müssen dafür sorgen, dass die beA-Software stets auf dem neuesten Stand ist. Versäumnisse in diesem Bereich können bei Problemen nicht auf eine „technische Störung“ geschoben werden.

Vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung: Die technische Störung muss im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung vorliegen. Eine nachträgliche Glaubhaftmachung reicht nicht aus.

Glaubhaftmachung der Störung: Die Störung muss die Anwältin oder der Anwalt schlüssig und nachvollziehbar darlegen und konkrete Angaben zu den technischen Problemen machen.

Praxistipps

Regelmäßige Updates der beA-Software: Achten Sie darauf, dass die beA-Software stets auf dem neuesten Stand ist.

Kenntnis des beA-Systems: Verschaffen Sie sich umfassende Kenntnisse über das beA-System und die Fehlerbehebungsmöglichkeiten.

Zugänglichkeit der PUK: Bewahren Sie die PUK (Personal Unblocking Key) sicher auf, um Ihre beA-Karte im Falle einer Sperrung entsperren zu können.

Dokumentation von Störungen: Dokumentieren Sie alle beA-Störungen sorgfältig, einschließlich der Fehlermeldungen und der von Ihnen unternommenen Schritte zur Behebung der Störung.

Zweifelhafte Fälle: Bei Zweifeln an der Glaubhaftmachung einer technischen Störung sollten Sie sich frühzeitig an einen IT-Experten oder an die beA-Hotline wenden.

 

Der Service Desk zum beA bei der Bundesrechtsanwaltskammer ist erreichbar unter:
Telefon: 0 30 – 21 78 70 17 (Mo. bis Fr. von 8.00 bis 20.00 Uhr)
E-Mail: servicedesk@beasupport.de
https://portal.beasupport.de/